Die Eisenbahnballade chords by Reinhard Mey

Chords with lyrics

Verse:

  A minorAm                G+G
Ein dichter Nebel senkte sich auf die große, fremde Stadt.

      DmDm              Esus4Esus4        E MajorE
Ein langer Arbeitstag lag hinter mir, ich war abgespannt und matt.

  A minorAm      C majorC      E MajorE         FF
Zu müde für die Autobahn, zu spät für den letzten Flug.

    DmDm            A minorAm            G+G          A minorAm    Asus2Asus2
Doch ich wollte nach Haus, und da fand ich heraus, gegen Mitternacht ging noch ein Zug.


      A minorAm                  G+G
Es blieb noch etwas Zeit, ich wusste nicht wohin, so stand ich am Bahnhof herum:

    DmDm                      Esus4Esus4      E MajorE
Einem Prunkbau aus längst vergangener Zeit, Drängeln, Suchen und Schieben ringsum.

      A minorAm      C majorC          E MajorE        FF
Ich sah die Reisenden, die Wartenden und die Gestrandeten der Nacht,

    DmDm            A minorAm          G+G      A minorAm    A4
So viel Gleichgültigkeit, so viel Jammer und Leid unter so viel kalter Pracht.

  A minorAm                    G+G
Ich trat auf den offenen Bahnsteig hinaus, die nasskalte Luft hielt mich wach.

  DmDm                    Esus4Esus4        E MajorE
Ich fröstelte, schlug meinen Kragen hoch und sah meinem Atem nach.

    A minorAm          C majorC        E MajorE            FF
Aus der Dunkelheit schwebten überm Gleis drei Lichter, mein Zug fuhr ein.

   DmDm          A minorAm            G+G          A minorAm    Asus2Asus2
Eine Wagentür schlug, es war warm in dem Zug, und ich war im Abteil ganz allein.


    A minorAm                  G+G
Lautlos fuhren wir an, und die Lichter der Stadt versanken in milchigem Brei.

      DmDm                  Esus4Esus4          E MajorE
Und immer schneller flogen erleuchtete Fenster und Vorstadtbahnhöfe vorbei.

       A minorAm          C majorC          E MajorE        FF
Noch ein Bahnübergang, ein paar Scheinwerfer, und die Welt da draußen verschwand.

    DmDm            A minorAm             G+G         A minorAm  Asus2Asus2
Mein Abteillicht fiel weiß, auf den Schotter am Gleis, und ich ahnte das dunkle Land.

Verse:

        DmDm            A minorAm         FF            E MajorE
Und durch die Dunkelheit drang der monotone Klang der Räder auf dem Schienenstrang,

  FF    G+G      C majorC     DmDm    E7E7    A minorAm    A minorAm    A augmentedA    Asus2Asus2  A augmentedA
Ein einsamer Gesang, den stählernen Weg entlang.

Verse:

   A augmentedA        D MajorD        A augmentedA      D MajorD
Vorn an der Trasse standen sie, die Haut wettergegerbt.

  Hm            A augmentedA        Esus4Esus4
Mit ihren Spaten hatten sie Adern ins Land gekerbt,

  A augmentedA        D MajorD        E MajorE      A augmentedA
Mit Hacken und mit Hämmern hatten sie Berge bewegt

  D MajorD        E MajorE      A augmentedA    D MajorD    A augmentedA
Und Schwellen über Schotter und darauf Schienen gelegt.

  F# minorF#m             C# minorC#m
In bittrem Frost, sengender Glut, in Regen, Tag für Tag,

  F# minorF#m              C# minorC#m
Nachts einen Strohsack auf dem Boden im Bretterverschlag.

  Hm                F# minorF#m
Und wieder auf beim Morgengrau'n für jämmerlichen Lohn

  Hm                D MajorD        E MajorE
Und noch ein neues Vermögen mehr für den Stahlbaron.


  A augmentedA                  D MajorD        A augmentedA
Und bald fauchte das Dampfross funkensprühend durch das Land.

    A augmentedA            Hm7    E MajorE
Manch neue Industrie und manch Imperium entstand,

    D MajorD      E MajorE          A augmentedA        D MajorD
Manch unschätzbarer Reichtum, doch an jedem Meter Gleis,

    Hm      D MajorD        A/EA/E   E7E7      A augmentedA    A4 A4 A augmentedA
Jeder Brücke, jedem Tunnel klebten Tränen, Blut und Schweiß.


  A augmentedA        D MajorD     A augmentedA      D MajorD
Die Eisenbahn trug Fortschritt, technische Revolution

  Hm            A augmentedA      Esus4Esus4
In jeden Winkel, bis in die entlegenste Station.

  A augmentedA        D MajorD      E MajorE       A augmentedA
Trug Güter von den Seehäfen bis an den Alpenrand,

   D MajorD        E MajorE        A augmentedA     D MajorD    A augmentedA
Verband Menschen und Städte und trug Wohlstand in das Land.

Verse:

  F# minorF#m            C# minorC#m
Doch der großen Erfindung haftet stets die Tragik an,

  F# minorF#m            C# minorC#m
Dass sie dem Frieden, aber auch dem Kriege dienen kann.

  Hm              F# minorF#m
Endlose Rüstungszüge rollten bald schon Tag und Nacht:

  Hm              D MajorD        E MajorE
Kriegsgerät und Kanonen war'n die vordringliche Fracht.


  A augmentedA                D MajorD      A augmentedA
Schon drängte sich auf Bahnhöfen siegesgewiss das Heer,

  A augmentedA              Hm7      E MajorE
Den Jubel auf den Lippen und mit Blumen am Gewehr,

  D MajorD      E MajorE      A augmentedA      D MajorD
In fahnen- und siegesparol'n behangene Waggons

  Hm      D MajorD      A/EA/E      E7E7  A augmentedA   A4 A4 A augmentedA
Nach Lemberg oder Lüttich, nach Krakau oder Mons.


  A augmentedA        D MajorD    A augmentedA      D MajorD
Im Trommelfeuer von Verdun erstarb der Siegeswahn,

  Hm              A augmentedA        Esus4Esus4
Aus Zügen wurden Lazaretts, und diesmal sah die Bahn

  A augmentedA        D MajorD          E MajorE        A augmentedA
Den Rückzug der Geschlagenen und – den Kriegsherren zum Hohn –

  D MajorD      E MajorE      A augmentedA    D MajorD    A augmentedA
Im Waggon im Wald von Compiègne, die Kapitulation.


  F# minorF#m          C# minorC#m
Millionen Tote auf den Schlachtfeldern, sinnloses Leid.

  F# minorF#m          C# minorC#m
Wer heimkehrte, fand Elend, Not und Arbeitslosigkeit.

  Hm            F# minorF#m
Doch auf dem Boden des Zusammenbruchs gediehen schon

  Hm            D MajorD          E MajorE
Die Schieber und die Kriegsgewinnler, die Spekulation.

Verse:

  A augmentedA                D MajorD      A augmentedA
Aber es spross auch aus den Wirr'n verstrickter Politik

  A augmentedA                Hm7    E MajorE
Der zarte, schutzbedürft'ge Halm der ersten Republik.

  D MajorD        E MajorE      A augmentedA            D MajorD
Doch Kleingeist, Dummheit und Gewalt zertrampelten ihn gleich

  Hm        D MajorD      A/EA/E    E7E7    A augmentedA  A4 A4 A augmentedA
Mit Nagelstiefeln auf dem Weg ins Tausendjähr'ge Reich.


  A augmentedA        D MajorD      A augmentedA        D MajorD
Die Unmenschen regierten, und die Welt sah zu und schwieg.

  Hm                A augmentedA        Esus4Esus4
Und wieder hieß es: „Räder müssen rollen für den Sieg!“

  A augmentedA        D MajorD    E MajorE      A augmentedA
Und es begann das dunkelste Kapitel der Nation,

  D MajorD        E MajorE     A augmentedA   D MajorD    A augmentedA
Das dunkelste des Flügelrades: Die Deportation.


  F# minorF#m            C# minorC#m
In Güterwaggons eingeschlossen, eingepfercht wie Vieh,

  F# minorF#m            C# minorC#m
Verhungert und verzweifelt, nackt und frierend standen sie,

  Hm              F# minorF#m
Hilflose Frau'n und Männer, Greise und Kinder sogar,

  Hm              D MajorD      E MajorE
Auf der bittren Reise, deren Ziel das Todeslager war.


  A augmentedA              D MajorD      A augmentedA
Dann aber brach der Zorn der Gedemütigten herein,

  A augmentedA                  Hm7      E MajorE
Kein Dorf blieb da verschont, da blieb kein Stein auf einem Stein,

  D MajorD        E MajorE      A augmentedA          D MajorD
Und Bomben fielen, bis das ganze Land in Flammen stand,

  Hm        D MajorD      A/EA/E    E7E7    A augmentedA  A4 A4 A augmentedA
Die Städte ausradiert war'n und der Erdboden verbrannt.

Verse:

  A augmentedA        D MajorD      A augmentedA        D MajorD
Der Krieg war mörderischer als jemals ein Krieg zuvor,

  Hm                A augmentedA        Esus4Esus4
Und schwer gestraft das Volk, das ihn frevelnd heraufbeschwor.

  A augmentedA        D MajorD      E MajorE        A augmentedA
In Trümmern und Ruinen strichen sie hungernd umher,

  D MajorD        E MajorE        A augmentedA   D MajorD    A augmentedA
Die Überlebenden, die Ausgebombten, nichts ging mehr.


  F# minorF#m              C# minorC#m
Und immer längere Flüchtlingstrecks kamen Tag für Tag

  F# minorF#m              C# minorC#m
Und irrten durch ein Land, das unter Schutt und Asche lag.

  Hm                F# minorF#m
Der Überlebenswille zwang sie, nicht zu resignier'n,

  Hm              D MajorD      A augmentedA
Die Aussichtslosigkeit, das Unmögliche zu probier'n:


  A augmentedA                  D MajorD      A augmentedA
Noch aufzuspringen, wenn irgendwo ein Hamsterzug ging,

  A augmentedA                  Hm7    E MajorE
Wenn an den Waggontür'n schon eine Menschentraube hing.

  D MajorD        E MajorE      A augmentedA        D MajorD
Ein Platz auf einem Puffer, einem Trittbrett bestenfalls

  Hm        D MajorD        A/EA/E    E7E7    A augmentedA  A4  A4  A augmentedA
Mit Hoffnung auf ein bisschen Mehl, Kartoffeln oder Schmalz.


  A augmentedA          D MajorD        A augmentedA      D MajorD
Was auf dem Bahndamm lag, wurde von Kindern aufgeklaubt,

  Hm                  A augmentedA      Esus4Esus4
Und manch ehrlicher Mann hat manchen Kohlenzug beraubt.

  A augmentedA        D MajorD      E MajorE        A augmentedA
Und dann kamen die Züge mit den Heimkehrern besetzt,

  D MajorD        E MajorE      A augmentedA    D MajorD    A augmentedA
Verwundet und zerschunden, abgerissen, abgewetzt.

Verse:

  F# minorF#m              C# minorC#m
Wie viele Dramen spielten sich auf den Bahnsteigen ab!

  F# minorF#m              C# minorC#m
Suchen und Freudentränen, wo's ein Wiedersehen gab.

  Hm                F# minorF#m
Warten, Hoffen und Fragen, wird er diesmal dabei sein?

  Hm            D MajorD      A augmentedA
Viele kamen vergebens, und viele gingen allein.


  A augmentedA                  D MajorD        A augmentedA
Zerschoss'ne Loks und Wagen wurden recht und schlecht geflickt

  A augmentedA            Hm7      E MajorE
Und auf ein abenteuerliches Schienennetz geschickt.

  D MajorD          E MajorE      A augmentedA        D MajorD
Und der Puls begann zu schlagen, und aus dem Nichts entstand,

  Hm        D MajorD      A/EA/E    E7E7    A augmentedA  A4 A4 A augmentedA
Mit Hoffnungen und Träumen beladen, ein neues Land.


        DmDm          A minorAm
Und durch das Morgengrau'n drang der monotone Klang

  FF        Esus4Esus4     E MajorE
Der Räder auf dem Schienenstrang,

  A minorAm    G+G    C majorC    DmDm      Esus4Esus4    A minorAm
Ein schwermütiger Gesang, den stählernen Weg entlang.

  A minorAm                    G+G
Das Rattern der Räder über eine Weiche rief mich in die Gegenwart.

  DmDm                  Esus4Esus4       E MajorE
Übernächtigt war ich aufgewacht, ich war fast am Ziel meiner Fahrt.

  A minorAm            C majorC         E MajorE          FF
Ich rieb mir die Augen und räkelte mich, das Neonlicht schien fahl,

  DmDm              A minorAm        G+G        A minorAm
Und im leeren Raum, zwischen Wachen und Traum sah ich sie noch einmal:


  A minorAm                  G+G
Der Adler, der Fliegende Hamburger, die Preußische P 8,

  DmDm                Esus4Esus4        E MajorE
Und die sagenumwobene O5 fauchten vor mir durch die Nacht.

  A minorAm          C majorC        E MajorE          FF
Ein Gegenzug auf dem Nachbargleis riss mich aus den Träumen heraus.

  DmDm          A minorAm            G+G          A minorAm
Ein Blick auf die Uhr, Zehn Minuten nur, Und zum Frühstück wär' ich zu Haus.


  A minorAm                    G+G
Draußen konnt' ich für Augenblicke in erleuchtete Fenster sehn.

  DmDm                      Esus4Esus4        E MajorE
Sah die Menschen auf dem Weg zur Arbeit auf den Vorstadtbahnhöfen steh'n,

  A minorAm          C majorC        E MajorE        FF
Sah die Scheinwerfer der Autos vor den Schranken am Bahnübergang,

  DmDm            A minorAm            G+G      A minorAm
Und eine Hoffnung lag Über dem neuen Tag Und in dem Sonnenaufgang.